5.05.2022
Die letzten 3 Tage war das Wetter hier wieder recht kühl und es hat immer mal wieder geregnet. Glücklicherweise hat sich das gebessert und heute schien die Sonne.
Als ich im Dezember von Madeira ablegte, dachte ich nicht daran, noch einmal zurückzukehren. Aber nun bin ich doch wieder hier, wenn auch nicht direkt in Funchal, denn die Marina hatte mir gar nicht gefallen.
Die ganze Weihnachtsdekoration, die vielen Millionen Lichter, sind verschwunden und es ist deutlich grüner geworden. Die Ausflugsboote sind gut belegt und es scheinen auch tatsächlich mehr Menschen in der Stadt zu sein. Es gab bei der Einreise auch keine Covid-Kontrollen mehr. Die Touristen sind wohl wieder zurück.
In der Marina Quinta do Lorde ist es da schon wesentlich ruhiger. Hier ist immer noch Platz für weitere Boote. Die 5-Sterne Appartmentanlage dagegen ist geradezu gespenstig leer. Wenn man hier herumgeht, ist das schon ein seltsames Gefühl, eine echte Geisterstadt. Ich bin gespannt, ob der neue Investor die riesige Anlage tatsächlich wieder zum Leben erwecken kann. Es wäre wirklich schade, wenn nicht, denn es wurde mit viel Liebe zum Detail gebaut. Das nun so langsam verfallen zu sehen, ist schon irgendwie traurig.
Im Ort nebenan, Carnical, scheint es ein Kraftwerk zu geben, das mit Öl betrieben wird. Der Tanker zum Füllen der großen Tanks wird in der Bucht an 4 Bojen festgemacht und pumpt dann von dort sein Öl direkt über eine unterseeische Leitung in die Tanks.
Hier im Nordosten ist nur ein recht schmaler Landstreifen übrig. Es ist ganz einfach von der Südseite bis aufs Meer der Nordküste zu schauen.
Wenn sich der Wind so hält, wie im Moment vorhergesagt, dann fahre ich am Mittwoch, 11.5.2022, hier an der Landspitze vorbei und Richtung Nordost aufs Festland zu. Ich hoffe, das klappt.
9.05.2022
Es ist schon nervig, ständig viel Wind und ständig aus der falschen Richtung. Gestern schien es noch zu klappen mit Mittwoch, heute Morgen war dann von dem Tief über Madeira nichts mehr zu sehen und damit einher geht weiterhin der Wind aus Nordost. Keine Chance so aufs Festland zu kommen, außer mit einem Riesen Umweg über die Azoren. So könnte es 10 – 12 Tage dauern, um nach Lagos zu kommen.
Nun scheint für Freitag, den 13. (nicht gut), ein großes Tief von Grönland zu kommen, das dafür sorgt, daß sich die Windrichtung ändert. Es bleibt mir nichts anderes übrig als zu warten und zu hoffen.
Gestern war hier auf der Insel das Blumenfest, alle Dörfer werden festlich mit Blumen geschmückt. Ich war in Machico, ein etwas größerer Ort, 30 Minuten mit dem Bus entfernt, um einzukaufen. Hier gibt es gleich 2 große und gut sortierte Supermärkte.
Es gibt sogar einen hellen Sandstrand und praktisch keine Touristen. Der Sandstrand wurde künstlich aufgeschüttet, mit Schiffsladungen voll Sand aus der Sahara.
Schon seit Samstag ist der Wind recht heftig und macht den Aufenthalt im Freien unangenehm kalt. Er läßt die ganze Marina schwanken und zerrt die Boote an ihren Leinen hin und her. Das Schlafen ist nur mit Ohrstöpseln möglich. Es ist im Moment hier mit 20° C kühler als in Deutschland. Ich hoffe sehr, ich komme am Freitag hier weg!
11.05.2022
Nun scheint es tatsächlich zu passieren, der Wind dreht auf Südwest. Das Tief über Grönland hat sich erhalten und ist in die richtige Richtung gezogen. In den letzten Tagen gab es zwar im Detail immer wieder kleine Änderungen, leider, aber die grobe Richtung bleibt und auch wenn es nicht ideal ist, ich nehme alles, solange es kein Nordost Wind ist.
Morgen früh geht es erstmal nach Porto Santo, um dort zu ankern und damit für Freitag eine gute Startposition zu haben. So ist der Weg bis Lagos schon mal 5 Stunden kürzer. Am Freitag gehts dann los, so wie es der Wind zuläßt, vermutlich erst einmal Richtung Norden. Freitag Nacht soll dann der Wind weiterdrehen und damit geht es mit Rückenwind Richtung Nordost. Das bedeutet zwar, daß ich vermutlich den größten Teil der Strecke mit Motor fahren muß, aber eben mit Rückenwind. Das ist zumindest machbar, wenn auch nicht ideal. Die Segel können dabei den Motor nur ein wenig unterstützen. Damit mir der Diesel nicht ausgeht, habe ich zu den 250 Liter im Tank noch 180 Liter in Kanistern an Bord, als Reserve. Wenn alles gut geht, bin ich im Laufe des Dienstags in Lagos.
Heute Abend muß ich noch einmal die aktualisierte Windvorhersage studieren.
Ich hoffe, es bleibt weitestgehend so, wie es heute Mittag war. Daumen drücken!
Ich melde mich dann Dienstag oder Mittwoch wieder.
12.05.2022
Nur ein kurzer Zwischenbericht heute aus Porto Santo.
Es war ein richtig guter Segeltag, mit Wind der richtigen Stärke und aus der richtigen Richtung, bei mäßigen Wellen und Sonnenschein praktisch den ganzen Weg über. Vom Ablegen bis zum Anker werfen in 7 Stunden am Ziel. Das ist quasi die Wiedergutmachung für den heftigen Gegenwind vor 2 Wochen, als ich den Versuch hierherzukommen, abbrechen mußte und nach Madeira abdrehte. Ich war mit einem Seglerkollegen an Land noch mal essen und hoffe nun in den nächsten 4 Tagen auf ähnlich gute Bedingungen bis zum Festland. Bilder gibt es später.
Daumen drücken.
18.05.2022
Es ist geschafft, ich bin wieder auf dem portugiesischen Festland, in Lagos, angekommen. Die Mephisto liegt genau an der gleichen Stelle wie im November, als ob in den letzten 6 Monate nichts passiert wäre.
Aber der Reihe nach, beginnen wir am 11.05. mit der Feststellung, daß sich die Windvorhersage nicht wesentlich geändert hatte und ich, zusammen mit Dieter auf seinem Katamaran, am nächsten Morgen tatsächlich nach Porto Santo würde aufbrechen können. Wie bereits geschrieben, war der Törn dann ausgesprochen positiv verlaufen und das Ankern in der weiten Bucht von Porto Santo gar kein Problem, denn die Marina war voll besetzt. Mit dem Dinghi sind wir in der Marina an einen Steg gefahren und von dort an Land gegangen. Eine Überraschung stach mir an der Kaimauer direkt ins Auge, das Emblem der Mephisto. Bei genauerem Hinschauen war klar, das wurde von den Vorbesitzern hier 2018 angebracht, als sie den Katamaran aufs Festland gebracht haben. Ich wußte ja, daß sie ihn 2017 auf Teneriffa gekauft hatten.
In einer Pizzeria direkt am Strand haben wir gegessen und den Ausblick genossen. Es war ein heller Sandstrand und ich glaube nicht, daß er extra aufgeschüttet wurde, denn dafür war der Strand zu lang und er war auch da hell, wo keine Leute mehr waren. Allerdings bedeckte der helle Sand auch nur die Oberfläche, an manchen Stellen kam der dunkle Vulkansand wieder durch.
Am nächsten Morgen trennten sich dann unsere Wege, Dieter segelte mit seinem Katamaran erst Richtung Norden, er wollte nach Lissabon, um dann nach Osten abzubiegen. Für meinen Weg nach Lagos hielt ich es für besser den direkten Weg nach Nordost zu fahren, um keine extra Meilen zurücklegen zu müssen. Zunächst konnte ich noch segeln, aber der Wind drehte langsam auf Süd und wurde auch schwächer. Etwa 85% des Weges mußte ich einen Motor laufen lassen und benutzte das Vorsegel als Unterstützung. Das Segel lieferte etwa 1 kn Fahrt zum Motor hinzu. Da der Wind nur max. 12 kn erreichte, konstant aus einer Richtung kam und die See ruhig war, war die Überfahrt fast schon langweilig. Nur einmal den Autopiloten einstellen und dann ging es einfach nur gerade aus, 2 Tage lang. Während der gesamten Überfahrt herrschte Vollmond und zumindest nachts gab es nur wenige Wolken. Das Mondlicht erhellte die Nacht auf sehr angenehme Weise.
Es gab unterwegs immer wieder Begegnungen mit großen Frachtern, mal näher dran, mal weiter weg. Eine Begegnung hat mir dann wieder einen Schreck versetzt, weil ich fester eingeschlafen bin als mit lieb war. Als ich durch den AIS Alarm aufwachte und nach vorne schaute, konnte ich von einem großen Frachter beide Fahrtlichter sehen, rot und grün. Die Lichter sind so ausgelegt, daß man in diesem Fall weiß, der kommt direkt auf mich zu. Glücklicherweise hat mich der Frachter 2 Sekunden später angefunkt und mich wissen lassen, daß wir mit der Backbordseite aneinander vorbeifahren sollen. Durch das AIS konnte ich sehen, daß er schon leicht eingelenkt hatte und ich tat schleunigst das Gleiche. So sind wir im Abstand von etwa 1000 m aneinander vorbeigefahren. Das war knapp!
Vor der Küste Portugals gibt es ein Verkehrstrennungsgebiet, das ich durchqueren mußte, wollte ich den kürzesten Weg einhalten. Rein formal ist das auch kein Problem gewesen, aber es schien mir als habe ich die Rushhour erwischt. Als Querender darf ich keinen behindern und muß jedem mit ausreichend Abstand ausweichen. Bei Frachtern zwischen 200 m und 400 m Länge versteht sich das von selbst. Allerdings führt so eine fest vorgegebene Schifffahrtsstraße eben auch zu einer Bündelung der Schiffe, denn diese dürfen eben nur in einem bestimmten Korridor fahren. Das ist etwa so als ob man mit dem Fahrrad eine 8-spurige Autobahn überquert. Ich mußte immer wieder langsam machen, um Schiffe durchzulassen und dann mit beiden Motoren Gas geben, um nach dem einen und vor dem nächsten rüber zu kommen.
Das Verkehrstrennungsgebiet ist rund 25 nm breit, es hat etwa 5 angespannte Stunden gedauert, um da durchzukommen.
Danach ging es ruhig weiter bis nach Lagos. Einzig die Geschichte mit den Orcas, ich hatte bereits bei der Abfahrt im Dezember darüber geschrieben, machte mir noch ein wenig Sorgen, aber nichts passierte. In Lagos angekommen konnte ich leider nicht in die Marina einfahren, da ein Bagger den Weg blockierte. Also fuhr ich in die Bucht neben der Hafeneinfahrt und ankerte.
Nach dem Anker werfen gegen 22:30 Uhr machte ich mir noch etwas zu essen und ging dann direkt schlafen. Die Überfahrt hatte dreieinhalb Tage gedauert, das war mindestens 12 Stunden schneller als ich gedacht hatte.
Am Tag darauf rief ich die Marina an, um zu erfahren, wann das Einfahren möglich wäre und am Nachmittag tat ich das dann auch. Nach dem Einchecken und festmachen gegen 16 Uhr genoß ich mein Anleger-Bier und der Stress der letzten 6 Wochen fiel von mir ab. Nach 4 Wochen warten auf Lanzarote und 2 Wochen warten auf Madeira hatte ich es nun endlich geschafft wieder ans Festland zu kommen. Heureka.
Inzwischen ist es hier warm geworden, wärmer als auf den Kanaren, so 26 – 28 °C, und es sind viele Touristen hier, weit mehr als im November. Auch Masken sieht man praktisch nicht mehr, weder im Restaurant noch in den Geschäften.
Die nächsten 4 Wochen bleibe ich hier, bringe das Boot ein bisschen in Ordnung und genieße ganz entspannt die Sonne.
22.05.2022
Hier in der Marina Lagos ist es tatsächlich recht ruhig, was Wind und Wellen angeht. Ich habe nichts Dringendes zu tun und so ist inzwischen die Mephisto vom Salz befreit und erheblich sauberer als zuvor. Mit dem Hochdruckreiniger wurde das ganze Deck abgespült, Salz und Saharasand sind nun weg. Die Edelstahlteile wurden vom Flugrost befreit und gelbliche Einfärbungen auf dem GFK, meist von ablaufendem Rostwasser hervorgerufen, entfernt.
Gestern half ich bei einem Nachbarn aus, der versucht hatte, ein neues Antennenkabel in seinen Mast einzuziehen. Leider ist ihm beim Versuch, das neue Kabel mit dem alten einzuziehen, die Verbindung der beiden Kabel aufgegangen. Genau das, was nicht passieren darf. Deshalb war es nun extrem schwierig, das neue Kabel in den Mast zu bekommen. Gestern hatten wir es am Nachmittag wenigstens geschafft, dünne Zugschnüre in den Mast zu ziehen und heute gelang es dann, mit diesen Schnüren, das Kabel einzuziehen.
Nächste Woche werde ich mit der Firma in Portimao reden, wegen meinem neuen Antifouling und der noch ausstehenden Reparatur an den beiden Kielen. Und ansonsten ist es hier tatsächlich wie Urlaub, ganz entspannt.
Hallo Ralf,
ich drücke die Daumen, dass Du bald den achterlichen Wind bekommst und dein Ziel schnell und kurz wie möglich erreichst.
Wenn aber die Wetter-Wind-Verhältnisse bleiben und der nordliche Wind bleibt, kannst Du es vorstellen halber Wind Kurs zu nehmen und teilweise am Wind bis nach Marokko zu kreuzen, und von da aus (Marokko Festland) „Step by Step“ marokkanische Küste entlang noch Portugal zu kommen?
Schöne Grüße
Andrej
Hi Andrej,
der beste Wind für mich ist querab, von der Seite. An der marokkanischen Küste entlangzusegeln geht in keinem Fall. Das ist viel zu gefährlich, wegen der vielen Fischerbojen, Fischernetze und Fischerboote in Küstennähe.
Außerdem gibt es an der Küste fast nur Wind aus Norden, da käme ich nur sehr langsam vorwärts. Da wäre selbst der Weg Richtung Azoren und dann nach Osten noch besser.