Törn 1 – Kanaren

2.01.2022
Allen Lesern ein frohes und gesundes neues Jahr.
Ich hatte Silvester noch im Schatten des Montana Roja verbracht, genau gegenüber des Flughafens. Zum Jahreswechsel kamen einige an den Strand und haben am Lagerfeuer gefeiert. Die Bucht war auch mit sechs anderen Booten besetzt, was bemerkenswert war, weil die Tage zuvor sich kaum ein anderes Boot blicken ließ. Zum Jahreswechsel gab es hier auch ein wenig Feuerwerk, ansonsten war nicht viel los.
Am Neujahrsmorgen machte ich mich auf den Weg Richtung Norden. Hier sollte sich laut Wind- und Wellenvorhersage in den nächsten Tagen ein unruhigeres Meer ergeben und weiter nördlich bleibt es, wenn auch nur wenig, dennoch ruhiger. Auf der 3-stündigen Fahrt gegen den Wind, unter Motor, fuhr ich an einem Industriehafen vorbei, der wohl auch Bohrplattformen beherbergte. Es gab auf der Etappe nicht viel Abwechslung. Ich hoffte nur, daß in der Bucht auch Platz sein würde, denn ich hatte zum Ankern kaum eine Alternative. Glücklicherweise war die Bucht bei meiner Ankunft tatsächlich leer und ich konnte problemlos ankern. Ein kurzer Schnorchelausflug in dem klaren Wasser hat mich davon überzeugt, daß der Anker im Sand vergraben war. Allerdings ging unter dem Boot eine Pipeline ins Meer, die laut Karte eigentlich 100 – 150 m weiter südlich liegen sollte. Ich hatte mich extra weiter nördlich plaziert, um der Leitung nicht zu nahezukommen. So lag der Anker nun nur etwa 30 m entfernt und falls er rutschen sollte, könnte er sich in der Leitung verhaken. Keine Ahnung wie stabil so ein Ding ist. Ich hoffe, der Anker hält. Nachts kam noch ein Segelboot in die Bucht und blieb vor Anker. Ich bewundere die Crew, denn im Dunkeln würde ich nicht in so einer Bucht ankern wollen. Es ist gar nicht möglich, die Entfernung zu den Felsen an Land abzuschätzen, weil man sie nicht sieht und nur der Karte und GPS vertrauen?
In der Bucht gibt es einiges an Gebäuden und direkt dahinter jede Menge Windkraftanlagen. So dicht würden die Bewohner die Windräder in Deutschland sicher nicht akzeptieren. Leider ist die Wasseroberfläche hier in der Bucht sehr unruhig, die Mephisto schaukelt den ganzen Tag und die Nacht kräftig hin und her. Es war eine unruhige Nacht, obwohl der Anker hielt, aber das Geschaukel ist nervig. Nur wie gesagt, es gibt keine gute Alternative, bis zum 4.1. bleibe ich hier, ab dann habe ich eine Reservierung für die Marina in Santa Cruz.


Es ist jetzt 21:54 Ortszeit (22:54 Deutschland) und an Schlaf ist nicht zu denken.
Den ganzen Tag schon schaukelt die Mephisto in der Bucht von Abona auf den Wellen, aber seit Sonnenuntergang hat das noch zu genommen. Wind aus Norden und die Wellen, wenn auch nicht sehr hoch, aus Osten. Das bewirkt, daß die Mephisto die Wellen genau von der Seite abbekommt und dadurch enorm ins Wanken gerät. Es schwankt noch stärker als auf der Überfahrt von Madeira nach Teneriffa. Wenn der Wind auch aus Osten käme und die Wellen damit genau von vorne, wäre alles harmlos.
Vor mir liegt ein Monohull (also ein „normales“ Segelboot), das tanzt noch weitaus schlimmer auf den Wellen und schwankt wie im Sturm.
Ich schätze, es wird noch eine Weile dauern, bis ich schlafen kann.

3.01.2022
Was für eine Nacht. Das Schaukeln wurde gegen 1 Uhr noch stärker und irgendetwas hat gegen 2 Uhr laut gescheppert. Wahrscheinlich meine Töpfe im Schrank. Um 4 Uhr habe ich das letzte Mal kurz rausgeschaut, aber das Boot lag noch an seinem Platz, der Anker hält. Wenigstens etwas.
Die Wellen sind zwar nicht hoch, aber kurz (4 – 5 Sekunden) und das Boot schaukelt sich im Rhythmus auf. Auf der Überfahrt waren die Wellen viel höher, aber sehr lang (12 – 15 Sekunden), das war eher wie Wellenreiten. Ich hoffe, die nächste Nacht wird ruhiger und ab morgen in der Marina sollte ich wieder ruhig schlafen können. Es scheint nichts zu Bruch gegangen zu sein. Die Gläser im Schrank sind teilweise umgefallen, aber heil geblieben.
Dafür lege ich mich gleich ein wenig auf Deck in die Sonne (26 °C) und versuche den Schlaf nachzuholen.

4.01.2022
Letzte Nacht war nicht ruhiger, im Gegenteil, der Wellenschlag hatte noch zugenommen. Schlafen konnte ich deshalb nur wenig. Um dem möglichst schnell ein Ende zu setzen bin ich noch vor Sonnenaufgang aufgestanden und habe alles sicher verstaut, die Elektronik eingeschaltet und alles fürs Anker aufholen vorbereitet. Mit dem Morgengrauen um 8 Uhr war der Anker an Bord und ich, ohne Frühstück, unterwegs Richtung Norden, nach Santa Cruz. Sowohl Wind als auch Wellen waren stärker als gedacht. Selbst die Vorhersagen für nur einen Tag erweisen sich manchmal als recht unzuverlässig. Der Mittelteil der Strecke war so, wie vorhergesagt. Leider erwies sich das letzte Drittel, etwa eine Stunde vor Santa Cruz ebenfalls wieder als recht unruhig, mit viel Gegenwind. Kurz vor 13 Uhr kam ich im Hafen an und mußte noch etwas warten bis ich den Liegeplatz zugewiesen bekam. Bis die Mephisto dann vertäut in der Marina lag und ich den Papierkram erledigt hatte, war es fast 16 Uhr. Den Abend habe ich nur noch damit verbracht den Müll der letzten Woche zu entsorgen, mir etwas zu essen zu machen und das hier zu schreiben. Ich bin noch müde von den letzten beiden, kurzen Nächten. Deshalb gibt es morgen erst mehr und ein paar Fotos.
Nebenan liegt wieder ein AIDA Schiff und eins von TUI.

5.01.2022
Es ist unbeschreiblich, ich konnte ganz unbeschwert und ruhig schlafen. Die Mephisto liegt hier in der Marina nahezu bewegungslos. Wunderbar.
Das liegt daran, daß der Hafen in Santa Cruz so lange ist und die Marina ganz am Ende liegt. Der Schwell kommt gar nicht bis hierhin. Auch der Wind kommt bisher recht konstant aus einer Richtung und drückt das Boot leicht vom Steg weg, sodaß die Leinen gleichmäßig gespannt sind und das Boot nicht zwischen Fender und Leine hin und her federt.
Ich war heute in der Stadt unterwegs, zuerst am Hafen entlang, um die größeren Schiffe, die hier sind, zu sehen und dann ziellos durch die Stadt. Das TUI Schiff, das gestern noch zu sehen war, war heute schon weg. Die AIDAmira liegt noch am Kay und es tut sich dort nichts. Vielleicht auch wegen Corona?
Ein interessantes Schiff ist auch gerade hier, die Gorch Fock höchstpersönlich. Ich konnte kurz bei einer Wache nachfragen, warum sie hier liegt, ob etwas Besonderes hier passieren würde. Aber leider sind sie nur auf einem normalen Ausbildungstörn, mit einem kurzen Aufenthalt.
In Sichtweite liegt das Opern-Haus, direkt an der Hafeneinfahrt. Als ich hierherkam war ich froh es endlich zu sehen und zu wissen, der Hafen ist nahe. Es hat einen auffälligen Baustil und wird mit dem Opern-Haus in Sydney verglichen, wegen dieser seltsam anmuteten Betonbögen. Aber das in Sydney sieht nun schon ganz anders aus, wie ich finde und ist auch wesentlich größer. Aber auffällig ist es dennoch.
Vor 21 Jahren konnte ich, während eines Urlaubs in Australien, das Opern-Haus besichtigen und dort, während der Führung, die Story hören, wie Paul Hogan (Crocodile Dundee) in Australien so berühmt geworden ist. Keine Ahnung, ob das auch im Internet irgendwo steht, nur so viel, er war einer der Anstreicher der Sydney Harbour Bridge (steht direkt neben dem Opera-House) und während der Bauphase hat er mit seinen Kumpels gewettet, daß er in dem Ding singen würde, wenn es fertig ist. Er hat es getan, und zwar bei der Eröffnungsfeier, in Gegenwart der Queen. Natürlich hatte er dazu keine Einladung, sondern er hat sich einfach eingeschmuggelt und gesungen.
Santa Cruz selbst ist voller Leben und obwohl es heute sehr bedeckt war und nicht so warm, sind viele Menschen unterwegs, zum Essen oder einkaufen. Viele stehen vor den Geschäften Schlange, weil nach der Verschärfung der Corona-Regeln nur noch eine bestimmte Anzahl von Leuten in die Geschäfte dürfen. Es gibt hier wirklich viele Restaurants und Cafés und kleine Geschäfte mit allem, was man so braucht. Morgen ist hier Feiertag und ich bin gespannt welche Geschäfte dann noch aufhaben. Ich werde den Feiertag als Anlaß nehmen nichts zu tun und mich auszuruhen und zu lesen. Es gibt zwar wieder ein paar Sachen zu reparieren und in Ordnung zu bringen, aber das hat Zeit bis irgendwann später. Ich denke, ich werde eine Weile hier bleiben, da kommt es auf ein paar Tage nicht an. Zumal es gerade um einiges kühler geworden ist (nur noch 20 °C statt 26 °C), stark bewölkt und es soll regnen. Wenn der Wetterbericht stimmt, bleibt es die nächsten 3 Tage so, bevor es wieder sonnig wird.
So, ich mache mir nun etwas zu essen und verabschiede mich für heute, vielleicht auch für ein zwei Tage, denn wenn es regnet wird es nichts zu berichten geben.

PS: 19:35 Uhr, gerade verlässt die AIDAmira mit lautem Getute und Musik und voll erleuchtet den Hafen.

10.01.2022
Das ganze Wochenende über war das Wetter eher kühl, bewölkt und auch immer wieder ein leichter Nieselregen.
Auch heute ist das so, bei knapp 20 °C.
Heute war so ein Tag, an dem alles schiefgeht oder auch, an dem nichts klappt.
Mein wichtigstes Ziel war heute meine Booster-Impfung zu bekommen. Schon am Freitag war ich bei dem hiesigen Impfzentrum und habe nach einer Impfung gefragt. Die freundlichen Helfer dort sagten mir, eine Impfung kann ich nur bekommen, wenn ich in deren System bin. Dazu müsste ich mich im Centro de Salud (Gesundheitszentrum) anmelden. Also habe ich mich im Internet schlau gemacht und bin heute früh quer durch die Stadt dahin gegangen. Leider gibt es ein weiteres Centro de Salud, das sich hauptsächlich mit Impfungen befasst und das ist ganz im Norden von Santa Cruz. Dort angekommen wollte mich die Empfangsdame gleich wieder ins Impfzentrum schicken, aber mit etwas Spanisch und Englisch konnte ich ihr verständlich machen, daß ich dort schon war und mich erst hier anmelden muß. Sie ließ mich in den 1. Stock zur Anmeldung und die Señora da hat mich mit meinem Pass in ihr System aufgenommen. Freundlicherweise hat sie mir sogar direkt einen Termin fürs Impfzentrum eingetragen. Ich also wieder ganz in den Süden marschiert, rund 50 min. Fußweg und pünktlich am Impfzentrum angestellt. Mit den zuvor erhaltenen Dokumenten und dem Termin kam ich auch nach 10 Minuten schon dran. Ungünstigerweise gab es nur den Impfstoff von Pfizer, den ich auch schon bei meinen zwei Impfungen in Deutschland bekommen habe. Deshalb wäre mir Moderna eigentlich lieber gewesen, aber ich wollte nicht wählerisch sein. Ich saß also schon auf dem Stuhl, um die Spritze zu bekommen und mußte meinen Impfpass vorzeigen. Da kam dann der Hinweis, daß in Spanien erst 6 Monate nach der 2. Impfung die 3. Impfung verabreicht wird. Meine Impfung war im August, also erst 5 Monate zuvor. Mein Hinweis, daß in Deutschland wegen Omikron schon nach 3 Monaten geimpft wird, half nicht, denn wir sind hier in Spanien und deshalb gelten die spanischen Vorschriften.
Tja, also 3 Stunden hin und her laufen umsonst, erst zum 11.02.2022 kann ich mich zum Impfen anmelden. Das ist der Tag, zumindest bisher, an dem meine Liegezeit in der Marina endet.
Das Zweite, das ich heute wollte, war Ersatz für mein defektes 12V-USB Ladegerät, zum Einbau in eine Konsole. Dies war leider auch nicht zu kriegen.
Das Dritte waren 2 Ölfilter für meine Dieselmotoren, damit ich einen Ölwechsel machen kann, auch Fehlanzeige.
Ich muß mal im Marina-Büro nachfragen, ob ich mir Pakete hierherschicken lassen kann. Denn im Internet sind die Teile alle verfügbar.

12.01.2022
Heute Vormittag kam ein Marina-Mitarbeiter vorbei und hat mir einen neuen Liegeplatz angeboten. Endlich. Bisher mußte ich immer um das Marina-Hafenbecken herumlaufen, um zu den Toiletten, Duschen oder in die Stadt zu kommen. Da ich ja aber noch 4 Wochen hier bin und wegen der Impfung vielleicht noch ein paar Tage obendrauf, wollte ich gerne auf die andere Seite (siehe Position auf Homepage) verlegen. Das hat nun heute problemlos geklappt. Auch scheinen die Stege hier stabiler zu sein, denn sie haben keine Holzlatten als Laufweg, sondern Betonplatten. Anders als in Garachico ist der Preis hier immer der gleiche, egal wie oder wo am Steg man liegt. Übrigens ist der Liegeplatz mit rund 35,- €/Tag hier erheblich günstiger, erheblich ruhiger (Wasserbewegung) und die sanitären Anlagen erheblich besser. Ganz zu schweigen von dem, was die Stadt bietet.
Nach 3 Tagen kreuz und quer durch die Stadt laufen, habe ich indessen wenigstens die Ölfilter und Dichtungsringe für die Wasserpumpe bekommen. Ich hoffe damit bekomme ich endlich meinen Motorraum an Steuerbord trocken, denn hier leckt die Wasserpumpe ein wenig. Ich hoffe den USB-Lader finde ich auch noch. Motoröl ist glücklicherweise kein Problem, hier geht es eher um den günstigsten Preis.
Gefunden habe ich auch einen Laden mit Stoffen, denn ich will versuchen mir neue, lichtdichte Vorhänge zu nähen. Der Stoff wurde bestellt und soll bis Freitag da sein. Das erste Mal, daß ich meine Nähmaschine ausprobiere. Ich hoffe, ich nähe mir nicht die Finger zusammen.
Beim durch die Stadt laufen entdecke ich immer mal wieder einen der kleinen Parks hier in Santa Cruz. Ein willkommener Ort, um sich zwischendurch auszuruhen.
Schon letzte Woche war Mein Schiff von TUI hier und seit heute ist die Queen Elizabeth meine Nachbarin.


15.01.2022
Seit gestern ist es vorbei mit der Ruhe. Der Wind hat stark zugenommen und so kommen keine Wellen vom Atlantik bis in die Marina, sondern sie entstehen in der Marina selbst. Die Boote werden hin und her geworfen und zerren an ihren Leinen. Das sorgt im Inneren für jede Menge Krach, denn das Knarren der Leinen überträgt sich über die Klampen auf den Rumpf und wie bei einer Violine wirkt der Rumpf als Resonanzkörper. Außen ist das nur wenig zu hören, aber innen kann man kaum schlafen. Dazu kommt noch das Quietschen des Stegs selbst, der ja auch ständig in Bewegung ist.
Von der Mephisto am alten Liegeplatz hatte ich gar keine Fotos gemacht. Jetzt liegt sie am Ende des Steg 2, weit weg von den Schaulustigen, manchmal lauten Besuchern der Marina, aber immer noch recht nahe zu den Duschen und der Stadt.
Angekommen ist wieder ein Segelschulschiff, diesmal aus Mexiko, die Cuauhtémoc. Sie trägt den Namen des letzten aztekischen Herrschers, Kaiser Cuauhtémoc, der 1525 von den Spaniern gefangen genommen und hingerichtet wurde. Anders als die Gorch Fock, an derselben Stelle gelegen, still und leise, veranstaltenden die Mexikaner einen riesen Zirkus mit Flaggen und lauter Musik.
Inzwischen habe ich den Dichtungsring und den Impeller an der Steuerbordmaschine ausgetauscht. Während der Impeller noch in Ordnung war und weiterhin als Ersatzteil an Bord bleibt, war der Dichtungsring längst überfällig. Man kann deutlich sehen, daß die Feder im Inneren bereits gebrochen ist. Ich habe darüber nachgedacht an der Backbordmaschine die Teile auch auszutauschen, es dann aber verschoben. Der Impeller war noch einwandfrei und ich gehe davon aus, daß er auf Backbord auch in Ordnung ist. Die Bilge dort ist trocken, also ist der Dichtungsring auch noch OK. Im Herbst kommt das Boot sowieso in Portimao an Land, um die Unterwasserrümpfe neu mit Antifouling zu versehen. Ich hoffe bis dahin hält das und dann tausche ich die Teile aus. Falls nicht, habe ich ja nun das Ersatzteil an Bord.
Auch die Ölfilter werde ich nicht tauschen, sondern nur das Öl. Die montierten Filter sind nicht die für diese Maschinen vorgesehenen, sondern größere, auch von Volvo Penta. Da die größeren Filter auch länger halten, lasse ich die auch bis zum Herbst drin.
Über das Internet hatte ich etwas außerhalb von Santa Cruz einen Campingausrüster gefunden, der den USB-Lader für 12 V Anschluß haben soll. Um dahin zu kommen, aktivierte ich mein Faltrad und machte mich auf den Weg. Das war etwas abenteuerlich, weil außerhalb der Stadt keine Fahrradwege mehr zu finden waren. Aber es hatte sich gelohnt, der Laden hatte wie selbstverständlich das Teil. Ich war entzückt. Allerdings hatte es der Heimweg in sich, über eine Schnellstraße, bergab, mit meinem neuen Geschwindigkeitsrekord von 72 km/h. Kurz darauf gab es einen Knall und mein Hinterrad wurde auf einmal sehr instabil. Glücklicherweise hatte ich zu dem Zeitpunkt nur noch ca. 40 km/h drauf und es ist nichts weiter passiert. Nach Untersuchung des Reifens kam ein Metallstift im Reifen zum Vorschein und ich mußte nun den Rest des Weges zu Fuß zurück. Es ging an der Küste und dem Hafen entlang, wieder an dem Opernhaus vorbei.
An Bord wollte ich gleich den Schlauch flicken, aber es zeigte sich im Mantel auch ein langer Einschnitt. Anscheinend war ich da nicht nur in den Metallstift gefahren, sondern hatte auch eine Glasscherbe oder ähnliches erwischt. Eine Reparatur war also nicht möglich, deshalb suchte ich im Internet gleich nach einem Fahrradladen. 30 Minuten Fußmarsch entfernt gab es einen und ich hatte tatsächlich Glück, der erste Laden hatte, was ich brauchte, Schlauch und Mantel. Ohne langwieriges Suchen direkt zum Boot zurück und das Fahrrad war bald wieder einsatzbereit.
Anstatt Brot einzukaufen, wollte ich auch mal meinen Gas-Backofen ausprobieren und habe eine Brotbackmischung aufgemacht. Der Teig war mit dem elektrischen Handrührer schnell geknetet. Es dauerte tatsächlich eine Weile bis der Backofen auf Temperatur war. In weiser Voraussicht hatte ich mir schon in Deutschland einen Thermometer für den Ofen gekauft, sonst hätte ich nie die richtige Temperatur gefunden. Der Backofen selbst hat nichts, um die Temperatur zu bestimmen.
Gestern Abend haben die Mexikaner gleich wieder von sich hören lassen und nun ihr Schiff auch in die Nationalfarben Rot-Weiß-Grün getaucht. Es gab eine größere Party an Bord, mit Musik und vielen Gästen. Ich bin nicht sicher, ob alle Masken getragen haben.

17.01.2022
Und wieder eine Nacht mit wenig Schlaf, zumindest nicht am Stück. Der Wind ist schon heftig und weil er direkt von Süden kommt, also direkt von vorne, schiebt er die Mephisto von rechts nach links und von links nach rechts. Dabei ruckt sie entweder in die Festmacherleinen oder die Fender. 123 Mal passiert das mehr oder weniger sanft, aber einmal eben auch heftiger und schon ist man wach.
Mit dem Wind kam auch schlechtes Wetter mit Regen, dunklem Himmel, Nebel und Temperaturen um 17 Grad tagsüber. Das Wasser in der Marina ist dunkel und trübe geworden. Es riecht auch ein wenig faulig und sieht schmutzig aus. Keine Ahnung warum.
Bei dem Wetter macht es eh keinen Sinn an Land zu gehen. Stattdessen nähe ich meine Vorhänge für meine und die Gästekabine. Die alten sind nicht kaputt oder schmutzig, sie lassen nur zu viel Licht durch. Der Stoff ist einfach zu lichtdurchlässig und bei den kleinen Vorhängen am Heckfenster kommt hinzu, daß sie zu weit vom Fenster weg sind. Der Stoff, den ich gekauft habe, läßt kein Licht durch und so muß ich die Vorhänge an den Seitenfenstern nur in der gleichen Größe nachnähen. Die Vorhänge der Heckfenster mache ich ein ganzes Stück größer, so kann ich sie mit Klettband am unteren Rand fixieren und damit das Fenster komplett abdecken. Das Zuschneiden ist ein wenig schwierig, weil der Stoff riesig ist im Vergleich zu meinem kleinen Tisch. Ich kann den Stoff in der vorgesehenen Größe nicht komplett auf dem Tisch ausbreiten und so sind die rechten Winkel und Maße eher geschätzt als gemessen.
Was ich nicht an Bord habe sind Stecknadeln, deshalb benutze ich die Sicherheitsnadeln aus dem Erste-Hilfe-Kasten um den Stoff abzustecken, das funktioniert auch.
Die Nähte sind sicher nicht perfekt, aber dafür, daß ich das erste Mal überhaupt mit der Nähmaschine gearbeitet habe und den eingeschränkten Möglichkeiten hier an Bord, ist das Ergebnis ganz OK.
Ich hoffe der Wind läßt bald nach und die Sonne kommt zurück. Das Wetter habe ich so nicht bestellt.

20.01.2022
Im Moment tut sich nicht viel, ich arbeite so ein wenig am Boot. Heute habe ich bei der Steuerbord-Maschine das Öl gewechselt und ein wenig umgeräumt. Leider war wieder Wasser im Motorraum und ich weiß nicht woher. Es kam sicher nicht aus der Wasserpumpe. Vielleicht von dem Regen der letzten Tage, denn ich hatte den Eindruck, daß es nicht ganz so salzig schmeckt.
Ich lese viel und bin wenig unterwegs. Das gedämpfte Wetter wird wohl noch eine Woche anhalten. Zumindest ist es wieder etwas ruhiger geworden, der Wind hat nachgelassen und ich kann nachts durchschlafen.
Ich bin gespannt, ob der Carneval hier dieses Jahr stattfindet und in welcher Form. Falls er stattfindet bleibe ich vielleicht noch hier.

23.01.2022
Nun habe ich nachgeholt, was eigentlich schon überfällig war, der Besuch des Pico del Teide, Spaniens höchster Berg, auch wenn es ein Vulkan ist.
Man kann da mit öffentlichen Bussen hinfahren, morgens kurz vor 9 Uhr fährt er in Santa Cruz ab. Gegen 11:30 Uhr, mit etwas Verspätung, kam ich, nach einmal Umsteigen, auf dem Parkplatz an. Mit dem Auto wäre ich nicht viel schneller gewesen. Der Nachteil bei den öffentlichen Bussen ist, es fährt nur einmal einer rauf und wieder runter. Zurück geht es 16:05 Uhr, bis dahin sitzt man da fest und glücklicherweise habe ich nicht herausgefunden was passiert, wenn man den verpasst.
Es gibt viele Wanderwege durch die Caldera, an mehreren Haltestellen. Ich bin bis zur Endhaltestelle gefahren und dort dann einem Rundweg durch die Einöde gefolgt. Knapp 3 Stunden auf den teils losen Felsen, bergauf und begab haben mir gereicht. Die Bilder seht ihr ja. Ich war froh, daß ich noch eine extra Jacke eingepackt hatte, denn es war kalt da oben. Im Schatten auf dem Wanderweg habe ich eine gefrorene Pfütze gefunden. Wenn man dann zwischendurch wieder aus dem Schatten in die Sonne kam, konnte man sich aufwärmen. In jedem Fall braucht man gutes Schuhwerk, der Wanderweg war nur zu einem kleinen Teil leicht zu gehen. Der größere Teil ging über schroffe Felsen und grob angelegte Treppenstufen.
Zu Hause angekommen, gegen 19:30 Uhr war ich für den Tag durch, nur noch was zu essen machen und entspannen. Zumindest hatte ich mir den richtigen Tag ausgesucht, am Teide blauer Himmel und Sonnenschein, kein Regen.

30.01.2022
Das Wetter ist noch immer bescheiden, deshalb ist in den letzten Tagen nicht viel passiert. Ich war meistens auf der Mephisto und habe viel gelesen. Gerade arbeite ich mich durch die Werke von Tom Clancy.
Gestern kam erschwerend hinzu, daß die Luft mit Sand angefüllt war. Sand aus der Sahara, der mit dem Calima von Osten kam und die Regierung hier auf der Insel zu einer Warnung vor zu viel Aktivität im Freien genötigt hat. Heute kann man die Ablagerungen überall sehen. Da ich morgen wohl eh meinen Wasserschlauch anschließen muß, um meinen Tank wieder aufzufüllen, werde ich wohl auch das Boot mal abspritzen.
Um wenigstens etwas zu tun und weil es ein wenig wärmer war als die letzten Tage, besuchte ich heute das Naturkundemuseum hier in Santa Cruz. Es ist nicht sehr groß, in zwei Stunden hat man alles gesehen. Obwohl alles nur in Spanisch beschrieben ist, kann man doch eine Menge auch in Deutsch und anderen Sprachen erfahren, durch deren internes WiFi (WLAN)-System. Mit dem Handy erhält man Zugang und kann sich dann, wie bei einer Führung, die Erklärung zum Rundgang anhören. Das war durchaus interessant.
Es begann mit der Entstehung und Besiedelung der Inseln. Von Ost nach West werden die Inseln immer jünger. Während Fuerteventura etwa 20 Millionen Jahre alt ist, ist El Hierro mit 1 Million Jahre die jüngste Insel.
Interessant fand ich die alte Karte der Welt. Es scheint der Wissensstand von etwa 1800 n.Ch. zu sein, wer genau hinschaut, kann entdecken, wo die Arier tatsächlich herkommen. Und das ist nicht Deutschland.
Viele Vogelarten nutzen die Kanarischen Inseln nur als Zwischenstopp, andere leben hier das ganze Jahr über. Viele der Echsenarten sind endemisch, d.h. sie kommen in dieser Art nur hier auf den Kanaren vor. Kann man sich durch die isolierte Lage gut vorstellen und ist ähnlich wie auf den Galapagos-Inseln.
Die früheren Ureinwohner, die Guanchen, haben ihre prominenten Toten einbalsamiert und so für Mumien gesorgt, die Wissenschaftler heute ausgraben können. Der Grad der Wichtigkeit einer Person kann durch die Anzahl der Umhüllungen der Mumie bestimmt werden.
Wenn man sich vorstellt, daß in den Tiefen um die Inseln solche Riesenkragen herumschwimmen, dann verschafft einem das schon ein komisches Gefühl, oder? Kleine Schätze kann man auch an Land finden, wie die Gesteinssammlung im Museum zeigt.
Inzwischen hat der Bürgermeister den offiziellen Karneval auf Juni verschoben. Es wurde damit begründet, daß nicht abzusehen ist, wie sich die Lage weiter entwickelt, und auch damit argumentiert, daß die unterschiedlichen Gruppen, sich wegen der Einschränkungen, nicht vorbereiten oder trainieren konnten. Deshalb werde ich wohl zur Mitte des Monats, nach meiner Booster-Impfung, in Richtung Gran Canaria aufbrechen.

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6 Gedanken zu „Törn 1 – Kanaren“

  1. Frohes neues 2022, Ralf!
    Klasse Bericht und Bilder, Danke!
    Montana Roja… die habe ich bestiegen… bestimmt vor mehr als 20 Jahren.
    Viel Spass in Santa Cruz 🙂
    Bin sicher Du kannst ein Auto mieten und El Teide ein Besuch erstatten (die Fahrt ist lang, aber es lohnt), da wurde „Planet der Affen“ gedreht auf einem tollen „Mond“ artigen Plato die besucherwert ist, ob Du zur Spitze schaffst…?
    (Wie ich mich erinnere es soll eine Seilbahn sein die zur El Teide Berg-Spitze fährt, habe damals nicht geschafft – vielleicht irgend wann).
    Grüße und gute Nacht.

  2. Hallo Ralf,
    frohe mih für Dich, dass es Dir gut geht, genisse die Sonne uns das Wetter.
    Die Delphine haben mich fasziniert, super, bitte mehr davon 🙂
    Warte auf neue Stories 😉
    Schöne Grüße

  3. Guten Morgen, Ralf!
    Du bist ein Multitasking-Talent!
    (geschweige, dass Du alles super planst und Umgebungentsperchend dich anpasst)
    Man sieht Du bereitest dich für zukünftige Segel-Reparaturen/ Segel-Nähen 😉
    Die Vorhänge sehen gut.
    Das das Wetter wird bald auch gut sein.
    Auf jeden Fall da wo Du bist ist viel schöner als hier … Grau, Nass, Kalt …. mit „24 Stunden Korona Nachrichten mit „…Impfen-Impfen-Busten …“ … naja … bald kommt die Sonne 🙂 und Frühling.
    Viel Spass beim Törnen und Kanaren Erkunden.
    Danke fürs Schreiben!
    Schöne Grüße

  4. Hi Ralf,
    na da hatte ich doch irgendwie Recht *lach*
    Der erste Törn war der schwerste.
    Super das jetzt alles klappt, kleine Widerstände meisterst du ja (wie gewohnt) mit links.
    Hast du denn schon eine weitere Planung für die kommenden Monate (ab Februar), oder lässt du es einfach auf dich zukommen und schaust wo der Wind dich hinführt?

    Gruß
    Ein begeisterter Leser
    Michael

    1. Hi Michael,
      meine Pläne beziehen sich bisher nur auf die Strecke. Von Teneriffa soll es nach Gran Canaria gehen und dann weiter nach Fuerteventura. Über Lanzarote geht es dann vermutlich direkt aufs spanische Festland zurück. Aber wann das alles passieren wird und wie lange ich wo bleibe, das weiß ich noch nicht. Im Oktober will ich wieder in Portugal sein, weil dann dort der Unterwasseranstrich neu gemacht werden soll.
      Gruß auch an die Kollegen.
      Ralf

  5. Hallo Herr Kaltwasser,
    in ihrem Beitrag über den Auf- und Abstieg Teide habe ich zum ersten Mal „Zuhause angekommen“ gelesen. Das sagt schon etwas aus! Sie haben die Mephisto als ihr Zuhause verinnerlicht! Beste Grüße von der Bullenwiese.

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